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Mehr Lebensqualität durch Akzeptanz – Erfahrungsbericht eines Patienten vom ZISP

Das Zurzacher Interdisziplinäre Schmerzprogramm (ZISP) richtet sich an Menschen mit chronischen Schmerzen. Innerhalb eines 4-wöchigen Programms erfahren Betroffene, woher der Schmerz kommt und wie sie mit ihm umgehen können. Sie erlernen einen Umgang mit chronischen Schmerzen und werden schrittweise wieder selbstständig und funktionsfähig im beruflichen und sozialen Alltag. Herr Löwe* hat am Schmerzprogramm teilgenommen und teilt seine positive Erfahrung mit uns.

Das Zurzacher Interdisziplinäre Schmerzprogramm richtet sich an Menschen mit jeglicher Art von chronischen Schmerzen, z.B. Rückenschmerzen, lokale Schmerzsyndrome oder weichteilrheumatischen Beschwerden. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was Schmerz ist, woher er kommt und was die Gründe dafür sind, dass der Schmerz im individuellen Fall chronisch geworden ist. Die Betroffenen lernen mit ihren Schmerzen zu leben und erlangen schrittweise ihre Selbstständigkeit und Funktionsfähigkeit zurück. Das evidenzbasierte Programm dauert 4 Wochen und findet individuell oder in Gruppen statt. Das Therapieprogramm umfasst Wald- und Gartentherapie sowie Klinische Psychologie und Physiotherapie bis hin zu Medizinische Trainingstherapie, Entspannungs- und Wassertherapie oder sogar Tai-Chi und Kräuterwickeln.     
Herr Löwe ist einer der Patienten, der am Schmerzprogramm teilgenommen hat.

Ein Unfall verändert alles

Herr Löwe ist Gastronom, Hotelbesitzer und leidenschaftlicher Akkordeonspieler. 2020 erleidet er einen Arbeitsunfall, bei dem er aus zwei Metern Höhe stürzt und sich eine Fraktur des Unterschenkels sowie Band- und Meniskusschäden am Knie zuzieht. Im Anschluss an diese Verletzung entwickelt sich bei ihm einseitig betont ein CRPS, ein sogenanntes komplexes regionales Schmerzsyndrom nach Trauma einer Extremität, bei dem die Schmerzen im Vergleich zum erwarteten Heilungsverlauf unangemessen stark sind und bei dem sich Störungen der Sensorik, Motorik, des vegetativen Nervensystems und der Gewebebeschaffenheit finden. Charakteristisch für CRPS sind auch Störungen der Körperwahrnehmung und des Körperschemas (Neglect-like-Symptome). Für Herrn Löwe ist diese Diagnose neben dem vorab durchlebten Trauma sehr einschränkend. 

Blog_Schmerzen Knie

Immer wieder Rückschläge

Er zeigt jedoch grosse Eigeninitiative im Umgang mit der Diagnose, informiert sich und kämpft gegen seine Erkrankung. Durch eine längere Auszeit und Ferien kann er eine Reduktion der CRPS-Symptome feststellen. Allerdings kommen die Symptome nach einer weiteren OP am verletzten Knie, bei der es mitunter zur Entfernung eines Nervs kommt, zurück. 
Herr Löwe arbeitet in der ambulanten Physiotherapie an seinen Symptomen, hauptsächlich den motorischen und sensiblen Störungen. Seinen Betrieb führt er selbstständig weiter und ist weiterhin bestrebt, für seine Gäste ein guter Gastgeber zu sein. Neben den körperlichen Symptomen und den Belastungseinschränkungen spiegelt sich jedoch nach und nach die psychische Belastung. Ein Teufelskreis entsteht, denn „jeder körperliche oder psychische Schmerz oder Stress beeinträchtigt das nun chronifizierte CRPS“, so Löwe. 

Schmerzen werden durch physische, psychische und soziale Faktoren beeinflusst

Herr Löwe fühlt sich – wie viele Schmerzpatienten – nicht ernstgenommen. „Das Schwierige ist, dass chronische Schmerzen objektiv nicht deutlich erkennbar und so für das Gegenüber nicht einfach einschätzbar sind“, so seine Aussage.     
Schmerzen sind individuell und werden von vielen Faktoren beeinflusst: in der Schmerztherapie wird das sogenannte Bio-Psycho-Sozial-Modell berücksichtigt, welches neben der körperlichen und psychischen Ebene auch das soziale Umfeld (soziale Situation, Beruf und Arbeit) in die Analyse miteinbezieht. 
Einflüsse aus allen drei Ebenen verstärken die Symptome des CRPS bei Herrn Löwe deutlich, so dass er sich professionelle Unterstützung bei einem Psychiater holt. Er lernt, seine chronische Erkrankung und die daraus resultierenden Einschränkungen zu akzeptieren und beschliesst, seinen Betrieb aufzugeben. Doch davor folgt er der Empfehlung seines behandelnden Neurologen, der sich für einen Reha-Aufenthalt ausspricht. So kommt Herr Löwe zu ZURZACH Care, wo er vor Ort das vierwöchige Zurzacher Interdisziplinäre Schmerzprogramm absolviert.    

„Ich habe gelernt mit Schmerzen umzugehen, mir das Leben angenehmer zu gestalten, besser auf mich zu hören“

Mit gemischten Gefühlen, so berichtet der Gastronom und Hotelier im Nachhinein, reist er nach Bad Zurzach. Der Empfang in Bad Zurzach ist äusserst herzlich und top organisiert, das erste Eis gebrochen. Ab da merkt Herr Löwe, dass er am richtigen Ort ist und von dem umfassenden Therapieprogramm profitieren kann. Die verschiedenen Therapien und Informationen helfen Herrn Löwe dabei, sein Schicksal anzunehmen und seine neue Situation zu akzeptieren. Motiviert und voller Freude ist Herr Löwe in den Gruppen- wie auch Einzeltherapien aktiv dabei. Der interdisziplinäre zeitnahe Austausch unterstützt die individuelle Ausrichtung der Therapieinhalte und Förderung des Patienten. Und so kann sich innerhalb des vierwöchigen Aufenthalts eine positive Entwicklung abzeichnen:     
„Ich habe gelernt mit Schmerzen umzugehen, mir das Leben angenehmer zu gestalten, besser auf mich zu hören, mich anzupassen. Meine Motorik hat sich verbessert. Akkordeon spielen geht nicht mehr, aber vieles anderes geht besser“, so seine Aussage.

Herr Löwe hat es geschafft, seine Lebensqualität mit der Akzeptanz seiner chronischen Erkrankung wieder zu erhöhen und Freude am Leben und der Bewegung zurückzugewinnen. Es macht uns als interdisziplinäres Team sehr stolz, dass wir Herrn Löwe auf diesem Weg begleiten durften. Die Willenskraft, die Herr Löwe in sich trägt, gibt uns die Zuversicht, dass er seinen Weg weitergeht.    
Wir danken Herrn Löwe für das Teilen seiner persönlichen Erfahrungen – diese schaffen Zuversicht und Mut und können Unterstützung für andere bieten. 

*Name geändert