Präzision im Gehirn: Wie Tiefe Hirnstimulation Menschen mit Parkinson neue Beweglichkeit schenkt
In der Zurzach Care Rehaklinik Sonnmatt in Luzern werden Patientinnen und Patienten betreut, die Implantate für eine Tiefe Hirnstimulation (THS) erhalten haben. Rebeka Hughes, Leitende Ärztin Neurologie, verfügt über langjährige Erfahrung auf diesem Spezialgebiet – und begleitet Betroffene auf ihrem Weg zu mehr Beweglichkeit und Lebensqualität.
Bei welchen Patientinnen und Patienten kommt die Tiefe Hirnstimulation überhaupt infrage, liebe Rebeka?
Die Tiefe Hirnstimulation wird vor allem bei Parkinson eingesetzt. Es gibt verschiedene Formen der Erkrankung, am häufigsten die idiopathische – also jene ohne erkennbare Ursache. Typische Symptome sind Zittern, verlangsamte Bewegungen und Schwierigkeiten beim Wechsel zwischen einzelnen Bewegungen. Die THS ist keine Ersttherapie, sondern kommt erst dann zum Einsatz, wenn zwei bis drei Medikamente ihre Wirkung ausgeschöpft haben.
Wie funktioniert diese Behandlung genau?
Bei der Operation werden feine Elektroden tief im Gehirn platziert – meist vier Stück mit mehreren Polen. Über diese Elektroden werden gezielte elektrische Impulse abgegeben, die das Zittern deutlich reduzieren und Bewegungen wieder flüssiger machen. Oft kann dadurch auch die Medikamentendosis verringert werden.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Eingriff?
Grundsätzlich gilt: je früher, desto besser – idealerweise innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Entscheidend ist aber immer das individuelle Krankheitsstadium. Viele erleben nach der Operation eine sogenannte Honeymoon-Phase – eine Zeit, in der sich die Symptome spürbar bessern. Diese ersten Wochen sind besonders wichtig für den langfristigen Erfolg.
Welche Rolle spielt die Rehabilitation danach?
Eine sehr grosse. Direkt nach der Operation werden die Stimulationsparameter zunächst niedrig eingestellt und dann während der Reha schrittweise angepasst. Ziel ist es, die optimale Balance zwischen Medikation und Stimulation zu finden: möglichst wenig Medikamente, dafür eine präzise elektrische Steuerung. Wir beobachten, wie der Körper reagiert, erkennen Nebenwirkungen frühzeitig und passen die Einstellungen laufend an.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Spital ab?
Der Operationsbericht wird direkt an uns übermittelt. So wissen wir genau, wo die Elektroden liegen und welche Hirnregionen stimuliert werden. Das ermöglicht eine präzise, sichere und individuell abgestimmte Nachsorge.
Du hast dich auf Bewegungsstörungen spezialisiert – wie bleibst du fachlich auf dem neuesten Stand?
Ich bilde mich jedes Jahr gezielt weiter, insbesondere in den Bereichen Bewegungsstörungen und Tiefe Hirnstimulation. Zuvor war ich am Universitätsspital Zürich tätig, wo ich viele wertvolle Erfahrungen sammeln konnte, die heute in meine Arbeit einfliessen.
Viele Patientinnen und Patienten können sich schon kurz nach der ersten Einstellung wieder freier bewegen.
Was fasziniert dich an dieser Therapie besonders?
Dass man den Erfolg unmittelbar sieht. Viele Patientinnen und Patienten können sich schon kurz nach der ersten Einstellung wieder freier bewegen. Die Stimulation wirkt präziser und gleichmässiger als Medikamente, deren Effekt oft schwankt. Mit der Tiefenhirnstimulation können wir sehr fein auf individuelle Bedürfnisse eingehen – das begeistert mich immer wieder.
Wie hat sich die Methode in den letzten Jahren entwickelt?
Enorm! Die erste tiefe Hirnstimulation (DBS) fand Ende der 1980er Jahre statt und wurde vom französischen Neurochirurgen Alim-Louis Benabid zur Behandlung von Tremor bei Parkinson-Patienten durchgeführt. Die erste DBS-Implantation zur Behandlung eines Tremors erfolgte 1991– seither hat sich die Technik rasant weiterentwickelt. Heute können viele Systeme sogar ferngesteuert werden: Die Patientinnen und Patienten erhalten ein kleines Gerät, ähnlich einem Smartphone, mit dem sie innerhalb definierter Grenzen ihre Stimulation selbst anpassen können. Ärztinnen und Ärzte können die Werte gleichzeitig auf einem Tablet überwachen. Das ist besonders für jüngere, kognitiv fitte Betroffene ein grosser Vorteil, da sie nicht für jede Anpassung in die Klinik kommen müssen.
Welche anderen Patientengruppen betreut ihr in der Rehaklinik Sonnmatt?
Neben Parkinson behandeln wir auch Menschen mit essenziellem Tremor oder anderen Bewegungsstörungen – teilweise auch Patientinnen und Patienten mit Medikamentenpumpen. Und natürlich begleiten wir auch Rückenpatientinnen- und Patienten im Rahmen der Neurorehabilitation.
Wie lange bist du schon Teil des Teams in der Sonnmatt?
Seit November sind es nun zwei Jahre – und wir freuen uns darauf, künftig noch mehr Patientinnen und Patienten mit Tiefenhirnstimulation auf ihrem Weg zu begleiten.

