ZURZACH Care Blog

«JA zu einer Reha an diesem Ort»

Geschrieben von Deborah Aliji | Oct 30, 2024 4:15:50 PM
Lieber Herr Ritter, seit dem letzten Gespräch ist einige Zeit vergangen. Wie geht es Ihnen heute?

Nach unserem Gespräch anfangs dieses Jahres verschlechterten sich meine Werte leider wieder. Ich wurde erneut hospitalisiert und erhielt dieselbe Chemotherapie wie nach der Diagnose 2022. Die Nebenwirkungen waren jedoch diesmal so heftig, dass ich ein paar Tage auf die Intensivstation des St. Claraspitals verlegt werden musste. Im August erhielt ich eine weniger aggressive Formulierung der Chemotherapie, die ich zum Glück deutlich besser ertrug. Probleme hatte ich jedoch mit der Verdauung. Seit der Magenentfernung im November 2023 litt ich unter chronischem Durchfall, was dazu führte, dass ich einen temporären künstlichen Darmausgang erhielt, mit dem ich mich so weit gut abgefunden habe. Im August wurde die Chemotherapie fortgesetzt, das Ganze hat sich etwas beruhigt. Ich hatte zudem noch eine Fistel, die operiert werden musste. Sie sehen, es gab eine ganze Serie von Baustellen. Wie die Strassen von Basel, die aufgerissen und repariert werden. Ich bin ja Basler *lacht*.

So ein Krankheitsbild kann zu einer emotionalen Achterbahn werden. Für mich ist es wichtig, die Moral in einer Weise zu behalten, die es mir erlaubt, weiterzumachen. Ich muss mir sagen können: «Schau, jetzt musst du auf einiges verzichten, das ist jetzt so». Ich habe beschlossen Dinge zu realisieren, die mir Freude und Ruhe bringen. So kam es, dass ich an der ART Basel 2023 auf die Arbeiten des südkoreanischen Künstlers Kibong Rhee aufmerksam wurde und zu meiner grössten Freude an der ART Basel 2024 ein Bild dieses Künstlers erwerben konnte. Ich sitze sehr oft da und bewundere diese Arbeit. Es drückt für mich dank seiner Dreidimensionalität so eine Tiefe und Ruhe aus. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich mir mit meinen Ersparnissen dieses Bild, das mir so gefällt, kaufen konnte. 

Dann habe ich das Motorradfahren wiederaufgenommen. Ich bin 40 Jahre lang recht intensiv Motorrad gefahren und habe wunderbare Erinnerungen daran. Natürlich fahre ich jetzt deutlich weniger oft, aber es hat mir ein Stück Lebensqualität zurückgegeben. Durch die Chemotherapie habe ich zudem eine Nervenkrankheit an Händen und Füssen. Ich könnte Fingerübungen mit Kugeln machen, aber das finde ich langweilig. Also habe ich meine alte Gitarre entstaubt. Ich hatte mir zu Pfadfinderzeiten das Spielen autodidaktisch beigebracht, aber jetzt fange ich quasi nochmals von vorne an. Wie auch immer, es ist ein gutes Fingertraining.

Was ich damit sagen will: Es ist für mich wichtig, dass ich gewisse Dinge realisiere oder wiederbelebe. So lange es mit dem Krebs geht, versuche ich, diese Lebensqualität auf einem Niveau zu halten, bei dem ich selbst entscheiden kann, was mir guttut.

Also hat sich der Umgang mit dem Krebs bei Ihnen in emotionaler Hinsicht verändert? Ist es für Sie anders als in der Anfangszeit der Diagnose?

Das ist eine wichtige Frage, die Sie stellen. Ich denke ja, aber das hat mit einem nicht einfachen Reifeprozess zu tun. Zu Beginn war die Diagnose wie ein Faustschlag ins Gesicht. Bislang traf es immer die anderen und auf einen Schlag steht man selbst auf der Bühne mit einer Solodarstellung. Das andere ist, dass meine Frau ihren ersten Ehemann an Krebs verloren hatte. Diese Situation hat mich auch sehr belastet. Was sie mit ihrem ersten Ehemann durchlebt hatte, wiederholt sich. Ich musste erstmal lernen, damit umzugehen, dass ich nicht schuld bin. Das braucht viel Zeit und Reflexionsarbeit. Ich erlebte die unterschiedlichsten Reaktionen. Eine schöne und bleibende Erinnerung war, dass ein sehr guter Freund mich nach der Diagnose zu einem Spaziergang mit unseren damaligen Hunden einlud. Wir sassen einfach auf der Bank, genossen die Aussicht auf Schaffhausen und auf die Alpen und unterhielten uns über Gott und die Welt – völlig entspannt, völlig frei. Er hatte sich Zeit genommen für mich. Diese gemeinsame Zeit war ein wunderbares Geschenk.

Wie geht es jetzt mit der Therapie weiter?

Es geht mit der angepassten Chemotherapie weiter, d.h. alle 2 Wochen bin ich für drei Tage stationär im St. Claraspital.  Es scheint, als würde ich positiv auf diese Therapie reagieren. Ich hatte schlechte Blutwerte und zum Glück haben sich diese deutlich erholt. Natürlich habe ich unangenehme Nebenwirkungen, aber ich muss einfach damit umgehen und tue es auch. Ich hoffe, dass sich mein Verdauungssystem wieder erholen wird. Nach wie vor haben der Darm und ich kleine Auseinandersetzungen *lacht*. 
Ich fühle mich unglaublich gut betreut von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten unter der Leitung von Prof. Dr. Köberle. Der intensivste Kontakt ist mit dem Pflegepersonal. Wir lachen viel und kennen uns durch die zahlreichen Spitalaufenthalte. Die gute Beziehungsebene mit dem Pflegepersonal hilft sehr und ist für mich als Patient im Alltag eine wichtige Stütze. Als Patient muss man auch etwas zurückgeben. Ein Dankeschön für die Arbeit ist das Minimum. Wertschätzung ist elementar, so ist es überhaupt im Leben. 

Und hat man Ihnen gesagt, dass Sie allenfalls nochmals in die Reha gehen?

Ja, es kann durchaus sein, dass ich nochmals in die Reha muss. Die Rehaklinik von ZURZACH Care befindet sich im gleichen Gebäude und Stock wie die Onkologie im St. Claraspital. Ich spaziere ab und zu bei ZURZACH Care durch und treffe alte Bekannte, wie die Damen und Herren der Hotellerie. Auch mit der Oberärztin, Frau Dr. Feichter, habe ich neulich geplaudert. Es ist alles sehr herzlich. Genauso wie bei den Ärztinnen und Ärzten und dem Pflegepersonal der Onkologie habe ich es auch bei ZURZACH Care erlebt. Auch die Therapeutinnen waren grossartig. Genau aus dem Grund ist mir bei meinem fünfwöchigen Reha-Aufenthalt die Decke nie auf den Kopf gefallen.

Und das ist auch etwas, was Sie beruhigen und schätzen würden, wenn Sie erneut einen Aufenthalt in der ZURZACH Care Rehaklinik Basel machen müssten? Man hat nicht nur eine Therapie, sondern hat auch eine Beziehung zu den Menschen?

Ja, eine sehr schöne Beziehung. Mir ist diese Ebene sehr wichtig. Und das habe ich mit einer wunderbaren Herzlichkeit bei ZURZACH Care erlebt, genauso wie auf den anderen Abteilungen wie der Onkologie, Chirurgie oder der Medizin des St. Claraspitals. Und wenn man wochenlang stationär ist, ist es ganz natürlich, dass man sich auch über Persönliches unterhält. «Wie geht’s?» ist nicht einfach nur eine Floskel, sondern eine ernstgemeinte Frage. Ich laufe den Gang entlang und man grüsst sich. Manchmal sind es auch andere Patientinnen und Patienten, die man bereits von früher kennt. Ich habe die Reha, die eigentlich lang dauerte, nicht als lang empfunden und fühlte mich gut aufgehoben. Wenn mir also empfohlen wird, nochmals eine Reha zu machen, dann mache ich sie wiederum am selben Ort. 

"Medizin und Stimmung. Das ist das A und O"

Was war für Sie am prägendsten? Was ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Für mich ist diese positive Atmosphäre, die ich in der Rehaklinik Basel erlebt habe, in bester Erinnerung geblieben. Meine ganze Krankheitsgeschichte spielt sich im St. Claraspital ab. Ich kenne die Abläufe, die Ärztinnen und Ärzte und sie kennen mich. Wenn irgendwas aus irgendeinem Grund schiefläuft, bin ich vor Ort. ZURZACH Care im St. Claraspital hat mir Sicherheit gegeben. Aus medizinischer Sicht finde ich es vollkommen richtig, dass eine Reha in einem Akutspital oder in unmittelbarer Nähe zu einem Akutspital durchgeführt wird. Nebst der positiven Atmosphäre ist es für mich auch ein Sicherheitsaspekt. Diese beiden Entscheidungskriterien sind bei der Rehaklinik Basel von ZURZACH Care erfüllt. Ich könnte woanders hin, näher zu unserem Wohnort, so dass meiner Frau der Weg von Schaffhausen nach Basel und zurück erspart würde. Aber die beiden Aspekte sind der Grund für ein JA zu einer Reha an diesem Ort. So würde ich es auch jemandem empfehlen, der vor einer Reha steht. Medizin und Stimmung, das ist das A und O. 

Sie haben schon im letzten Gespräch von einer Bucket List gesprochen. Was steht da noch drauf?

Oh es gibt vieles, das ich versuchen werde zu realisieren, wie beispielsweise ein paar schöne Tauchgänge im Roten Meer. Ich habe im Nebenfach Meeresbiologie studiert und habe während einer Auszeit als Tauch-Guide gearbeitet. Ich möchte noch ein paar Städte besuchen oder wieder besuchen. Ich bin leidenschaftlich gerne in New York, wo ich früher gewohnt und als Post Doc am Medical Center der NYU geforscht habe. Ein paar Dinge muss ich aus medizinischen Gründen etwas nach hinten schieben, aber die Bucket List wartet und sie wächst schneller, als dass ich abhaken kann *lacht*.
Eine ganz neue Sache auf der Liste ist, dass ich den Künstler Kibong Rhee besuchen möchte. Ich möchte ihn kennenlernen und seine ruhige Ausstrahlung erfahren. Kürzlich wurde ich von der Galerie in Seoul, bei der ich das Bild an der ART Basel 2024 erworben hatte, kontaktiert und gebeten, Fotos meines Wohnzimmers mit dem Bild zu senden, was ich gerne tat. Dies erfolgte auf Anfrage des Künstlers. Ich fand es eine sehr schöne Geste von ihm. Auch das sind Beziehungsebenen, die entstehen, ohne dass man sich kennt. Ist das nicht unglaublich wertvoll…?

 


Alain Ritter, Dr. phil. II, schloss seine Ausbildung mit einem Master in Neurobiologie, einem Master in Pharmazeutischer Medizin sowie einem Doktorat  in Neurochemie ab. Nach mehreren Jahren in der Forschung übernahm er leitende Positionen im Bereich HR bei Ciba-Geigy, Ciba Spezialitätenchemie, Bâloise AG und Roche ltd. Bei seinem letzten Arbeitgeber, Georg Fischer AG, war er als Mitglied der Divisionsleitung GFPS zunächst für den Bereich HR und für nationale, internationale, strategische und operative Projekte verantwortlich (Bsp. Teamwork, Talent Management, Development Center, Leadership). Danach wechselte er zum GF Konzern als internationaler Coach für Senior Management mit besonderem Fokus auf die Umsetzung der strategischen Ziele. Er ging 2016 in den Ruhestand, ist aber weiterhin als Coach und Trainer in den Bereichen Leadership, Management, HR und operative Prozesse tätig.